Der Europäische Gerichtshof nahm sich Anfang April in einer Vorabentscheidung der Pflicht der Angabe der Energieverbrauchskennzeichnung im Handel an und bestätigt damit das Datum des ersten Inverkehrsbringens als Grundlage für die Präsenz des Labels. Verbraucher können daher auch in Zukunft nicht immer mit einer eindeutigen und verständlichen Energieverbrauchskennzeichnung rechnen.
Nach der EU-Richtlinie 2010/30 und den dazugehörigen delegierten Verordnungen (Bsp. Nr. 1062/2010 für Fernseher) sind Hersteller dazu verpflichtet mit dem ersten Inverkehrsbringen eines Produkts einheitliche Etiketten zum Verbrauch von Energie und anderer Ressourcen zu erstellen und mit dem Gerät auszuliefern. Für Händler erwächst daraus die Verantwortung, diese Angaben an den Geräten anzubringen. Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Klage, ob Lieferanten auch nachträglich dazu verpflichtet seien, Händlern das Energielabel zur Verfügung zu stellen. Als mögliche Begründung wurde die Kennzeichnung aller im Handel verfügbaren Produkte im Sinne eines fairen Wettbewerbs sowie die Marktdurchdringung energieeffizienter Produkte angeführt.
Das Thüringer Oberlandesgericht hatte sich in der Rechtssache zwischen der S+K und Udo Rätzke an den EuGH gewandt mit der Bitte, in einer Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV zu entscheiden. Die S+K hatte am 20. Januar 2012 ein Fernsehgerät ohne Kennzeichnung zum Verkauf angeboten. Das Gerät war vom Hersteller, der Haier Deutschland GmBH, an einen Großhändler, die ElectronicPartner Handel SE, geliefert, die ihrerseits am 20. Mai 2011 an die S+K lieferten. Herr Udo Rätzke klagte darauf, dass Lieferanten in allen Fällen, d.h. auch bei vor dem 30. November 2011 gelieferten Geräten, zur kostenlosen Bereitstellung der Etiketten verpflichtet seien, damit Händler von diesem Tag an ihrer Kennzeichnungspflicht nachkommen könnten. Der EuGH sah darin eine übermäßige Belastung für klein- und mittelständige Unternehmen und stärkte das Prinzip des ersten Inverkehrsbringens. Händler und Hersteller können daher auch in Zukunft nicht verpflichtet werden, das Energielabel nachträglich zu erstellen oder anzubringen. Das Gericht urteilte weiterhin, dass aus der Richtlinie 2010/30 keine Pflichten für Hersteller und Händler entstehen, da weder Angaben zu den Umständen der Lieferung der Etiketten noch dem zeitlichen Rahmen gemacht werden. In der delegierten Verordnung Nr. 1062/2010 ist hingegen der zeitliche Geltungsbereich der Kennzeichnungspflicht eindeutig dahingehend festgelegt, dass sich die Delegierte Verordnung nur auf ab dem 30. November 2011 in Verkehr gebrachte Fernsehgeräte bezieht.
Das Urteil des EuGH ist dahingehend zu begrüßen, dass es die Rechtsunsicherheiten für Händler und Hersteller beseitig. Darüber hinaus muss anerkannt werden, dass die Anzahl der vor dem 30. November 2011 in den Verkehr gebrachten Fernseher mittlerweile verschwindend gering ist. Dennoch hat das Urteil eine größere Tragweite. Das Verfahren wäre eine Chance gewesen, die Bedeutung der Energieverbrauchsken
nzeichnung zu stärken und generell eine Lanze für andere Produktgruppen zu brechen. Mit jedem neuen von der Energieverbrauchskennzeichnung betroffenen Produkt entsteht für Verbraucher die Herausforderung, zwischen dem neuen gelabelten Produkt und dem “alten” nicht gelabelten Produkt zu unterscheiden. Ein Priblem in Anbetracht dessen, dass das Label aufgrund unterschiedlicher Bestklassen ohnehin nicht immer ganz einfach und sofort zu verstehen ist. Darüber hinaus hätte das Gericht mit seiner Entscheidung eine Lösung für die Revision der EnVK-Richtlinie vorweg nehmen können. Die Revision beschäftigt sich ab Anfang 2015 u
nter anderem mit dem Problem des Umlabelns im Falle der unausweichbaren Reskalierung. Auch ein nachträgliches Umlabeln wird von Herstellern und Händlern als eine nicht
zumutbare Belastung angesehen.